Die Heidelberger Universitätsbibliothek
Die Buchhandlung, in der ich meine Lehre machte, war von der Heidelberger Unibibliothek zur regelmäßigen Vorlage eingeladen. Neuerscheinungen aus den Fachgebieten, die unserer Buchhandlung entsprachen (und irgendwie auch zugewiesen waren), wurden einmal im Monat in einem abgeschlossenen Raum der Bibliothek auf einem Tisch drapiert. Ich erinnere mich an gelegentliche Wutanfälle meines Chefs, wenn andere Buchhandlungen Bücher vorlegten, die seiner Ansicht nach alleine in unsere „Zuständigkeit" gehört hätten.
Heidelberg, Unibibliothek, Treppenhaus
Zu den Büchern musste eine nach den Wünschen der Bibliothekare geführte Liste und für jedes Buch ein ebenfalls nach Vorschrift gestalteter Einlagezettel mitgeliefert werden. Binnen der nächsten Tage flanierten dann die (wenigen) Damen und Herren Universitätsdozenten an diesem Tisch vorbei, prüften die vorgelegten Titel und entschieden, ob sie sich zur Anschaffung eigneten. Irgendwann pilgerten wir dann wieder in die Bibliothek und holten die Bücher - alle wohlgemerkt! - wieder ab. Manche durften dann entsprechend der Aufträge der Bibliothek mit dem zu gewährenden „Bibliotheksnachlass” von 5 % in Rechnung gestellt und geliefert werden.
Heute kommt mir dieses Verfahren, das für uns von hoher Bedeutung war, nicht nur wegen der erzielten Umsätze, sondern weil es die Kompetenz der Buchhandlung als „Universitätsbuchhandlung” dokumentierte, regelrecht archaisch vor. Es ist jedenfalls ein Hinweis auf die erhebliche Kompetenzverschiebung, die sich hier manifestiert: 1978 war noch ganz selbstverständlich, dass der Buchhändler wusste, welche Neuerscheinungen in „seinem” Fachbereich von Bedeutung waren. Das akademische Personal hatte nur sehr ausgewählten Zugriff auf entsprechende Informationen, die Verlagswerbung wandte sich fast ausschließlich an den Buchhandel.