Donnerstag, 21. April 2016

Zum „Tag des Kindergartens” am 21. April



Martin Knepper macht auf den heutigen Tag des Kindergartens aufmerksam, der, wie ich mittlerweile herausgefunden habe, an Fröbels Geburtstag gefeiert wird. 

Ich gestehe, dass sich meine eigene Erfahrung auf genau einen Tag in einem solchen Etablissement beschränkte - mein eiserner Wille, das mütterliche Schürzenband noch nicht los zu lassen, konnte nicht gebrochen werden, und so verzichtete die weise Pfarrfrau, meine Mutter, darauf, im ganzen Dorf als Rabenmutter verschrien zu werden, weil sich ihr Kind im Kindergarten unflätig aufführte. Mein eigenes Kind dagegen ging gerne in eine private Krabbelgruppe und war später ein fröhliches Kindergartenkind.






Mein erster und einziger Kindergartentag. 1959




Wer’s mag, findet dazu inspirierende Lektüre:


Über Friedrich Fröbel


Über seine Schülerin Margarethe Meyer-Schurz, die den ersten Kindergarten in den USA gründete (und mit dem deutschen Revolutionär und späteren US-Innenminister Carl Schurz verheiratet war).


Über die völlig unterschätzte Louise Scheppler, deren Kleinkinderschule sechzig Jahre vor Fröbel gegründet wurde


Und natürlich gibt’s dazu zahlreiche Büchner-Assoziationen:

  • Luise Büchner kannte Texte von Johanna Goldschmidt über den Hamburger Fröbelschen Kindergarten und die Ausbildung von Kindergärtnerinnen und wünschte entsprechende Ausbildung in Darmstadt.
  • Louise Scheppler war die verdiente Mitarbeiterin Friedrich Oberlins im Steintal, der das Tagebuch über Lenz schrieb, das Georg Büchner zur Grundlage seiner Novelle machte;
  • Carl Schurz war Teilnehmer an dem Treffen deutscher Revolutionäre in London, an dem auch Alexander Büchner teilnahm und in dessen Folge er in Darmstadt die Zulassung als Rechtsanwalt verlor;
  • Wilhelm Büchner war als Gemeindevertreter ein Mentor der Gründung des Pfungstädter Kindergartens 













Mittwoch, 6. April 2016

Stadt der Frauen - na und?

Im Berliner Ephraimspalais zeigt die dort ansässige Stiftung Stadtmuseum Berlin in Zusammenarbeit mit dem Lette-Verein unter dem Titel „Berlin - Stadt der Frauen” eine Präsentation von „20 Biografien, die Geschichte erzählen” (website).

Am Freitag, dem 1. April, habe ich sie für etwa 2 Stunden besucht.

Berlin, Ephraimspalais. Eingang mit Ausstellungshinweis 

Durchgängig freundlich bis euphorisch formulierte Besprechungen hatten Erwartungen geweckt - so Tilmann Krause in der WELT, Maria Ossowski für den rbb, auch Antje Allroggen führte ihr Gespräch mit der Kuratorin Martine Weinland für den Deutschlandfunk mit freundlicher Zustimmung, und die Bloggerin Doris Lautenbach  beendet ihre Besprechnung „Die unbedingt sehenswerte Ausstellung ist eine Kooperation mit dem LETTE VEREIN BERLIN, der, gegründet zur „Förderung des weiblichen Geschlechts“ jetzt 150-jähriges Jubiläum feiert.”

Was gibt es zu sehen? 

Die meist knappen Lebensdaten von Frauen, die in den letzten 200 Jahren in Berlin gelebt und gearbeitet haben, werden mit unterschiedlich ausführlichen Materialien präsentiert. 

Blick in den Raum über Käthe Kollwitz

Der Text zu Anna Schepeler-Lette

Büste der Anna Schepeler-Lette 

Letztlich blieb mir unerfindlich, warum nun gerade diese Frauen ausgewählt und, erst recht, warum andere ausgelassen wurden. Glücklicherweise kann sich das Berlin der letzten 200 Jahre ja auf ein paar mehr als nur diese bemerkenswerten Frauen berufen, und auf einige nicht präsentierte wohl mehr als auf einige der Ausgewählten. 

Befremdlich scheint mir das Fehlen von Rosa Luxemburg und Clara Zettkin, von Helene Weigel und Gisela May (die übrigens unweit des Ausstellungsortes lebt ...), von Gabriele Tergit und Anne-Marie Fabian und und und ... 

Nun ist es das gute Recht und die unvermeidliche Pflicht von Ausstellungsmacherinnen, auszuwählen und vorzuziehen. Eine solche Auswahl ist im gute Falle verständlich und im besseren auch noch erläutert. Davon kann hier leider keine Rede sein. 

Außerdem soll das Präsentierte repräsentativ sein und wesentliche Informationen nicht vorsätzlich verschweigen. 

Zu den vorgestellten Künstlerinnen gehört die wunderbare Renée Sintenis (1888 - 1965). Ganz unabhängig von der Ausstellung waren wir im Vorfeld auf sie und ihr Werk gestoßen und hatten uns ein wenig vorbereitet - immerhin steht auf dem Berliner Renee-Sintenis-Platz ihr wunderschönes „Grasendes Fohlen” (ein Hinweis auf den Platz fehlt in der Ausstellung). 

Renèe Sintenis. Grasendes Fohlen (1929)

Und in der höchst sehenswerten, gleichzeitigen Ausstellung „Die schwarzen Jahre” im Hamburger Bahnhof stehen mehrere ihrer Werke, darunter dieser schöne Knabenkopf: 



Renè Sintenis: Portraitbüste des Carl Alexander von Uexküll (1943),
des Sohnes der (in der Ausstellung ebenfalls unerwähnt gebliebenen)
Nadine von Radowitz und Edgar von Uexkülls 
Es hat uns in der Vorbereitung unserer Reise wenig Mühe gekostet, über Renée Sintenis mehr herauszufinden als das, was diese bedauernswert dürftige Präsentation bietet. Leider ist das kein Einzelfall; auch zur wahrhaft bedeutenden Hedwig Dohm oder zu Anna Schepeler-Lette bietet die Austellung weniger als wikipedia. 


Zentraler Raum im 2. OG, der zur Kommunikation über die Ausstellung hinaus einladen soll 
Am Ende der Aufreihung von Beliebigkeiten von Personen und Gegenständen landet die geneigte Besucherin in der oben abgebildeten Endstation, von wo die Aufforderung ausgehen soll, in „sozialen Medien” unter dem hashtag #stadtderfrauen Stellung dazu zu beziehen, ob Berlin 2016 „Deine Stadt der Frauen” ist. So recht virulent ist das noch nicht, ich finde bei twitter seit dem 1. April sage und schreibe 10 Einträge - was ja vielleicht insofern besser ist, als dann ja auch weniger Besucherinnen enttäuscht werden.

Der Sache der Frauen und Feminismus wird hier jedenfalls kein Gefallen getan - mit einem solchen Aufwand weiter nichts zu präsentieren als 20 durch nichts als durch Ort, Zeit und Geschlecht verbundene Biografien lässt sich nicht rechtfertigen. Es gab bedeutende Frauen in Berlin der letzen 150 Jahre. Ja.  Politische. Malende. Schreibende. Skandalöse. Forschende. Entdeckende. Und jede einzelne dieser Kategorien verdiente eine angemessene Präsentation. Aber keine Frau hat es verdient, so beliebig - vorgeführt zu werden.