- Spaß auf dem Markt haben und ein bisschen was einkaufen
- das Café/Restaurant Forster im Naturkundemuseum ausprobieren
- und die Ausstellung im Dommuseum über Franz von Kesselstadt ansehen.
Gesagt, getan. An diesem wunderbaren Spätsommertag war der große Markt wirklich ein Erlebnis, das wir allerdings mit dem größeren Teil der Bevölkerung von Stadt und Umland teilten. Von Angebot und Atmosphäre ist der Markt wirklich weit und breit unübertroffen; und so sehr ich auch die Frankfurter Kleinmarkthalle schätze, so sehr ist mir doch hier Stimmung und Publikum näher und lieber (um so mehr, als sich das in Frankfurt in den letzten Jahren auch sehr zum Schicki-Micki hin veränder hat...).
Dass Frankfurt nicht hessisch ist, weiß ich ja schon lange, aber deutsch isses eigentlich schon ... |
Zierkürbisse sind übrigens essbar! |
Weck und Worscht müsse erscht emol uff de Woi woarte! |
Überschäumend - vorne im Strauß blüht Borretsch (soll ja sowieso besser nicht gegessen werden...) |
Tolles Bio-Angebot |
Hans Fallada konnte über hundert verschiedene Kartoffelsorten auseinander halten - das hat schon was von Paradies (wir haben „Hörnle" eingekauft)! |
so wars um 12 ... |
und so um 4, da war der Markt verlaufen ... |
... um die Ecke gabs aber noch was zu trinken! |
Das Café Forster im Naturkundemuseum
hat uns interessiert, weil es nicht nur nach dem großen Forster heißt, sondern sich auch ganz bewusst auf ihn beruft, weil es mit günstigen und attraktiven Angeboten wirbt und weil es ein Inklusionsprokjekt ist. Seit 2011 betreibt hier die Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen gGmbH ein Museumsbistro. Auf der website heißt es dazu:
„Wir als gpe – Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen gGmbH in Mainz
fühlen uns Georg Forster verbunden, nicht nur, weil er eine besondere Beziehung
zu Mainz hatte und als Naturforscher wunderbar in das Naturhistorische
Museum passt, sondern auch und vor allem, weil er ein Revolutionär,
ein Freidenker und einer der ersten Verfechter der bürgerlich-demokratischen
Grundrechte war. Denn auch die gpe verfolgt eine fortschrittliche Idee:
Wir möchten dafür sorgen, Menschen mit Handicap und den unterschiedlichsten
Fähigkeiten in einem Team zu integrieren, um gemeinsam eine
attraktive und marktfähige Dienstleistung anzubieten.
Erforschen Sie unsere Welt unterwww.gpe-mainz.de.
Hier, im Café Forster, möchten wir Sie einladen, ganz im Sinne Georg Forsters: Bereisen Sie Genuss – erforschen Sie Praktisches – entdecken Sie Ihre Pause neu” Nachdem ich mir auf dem Markt mit Mühe verkniffen hatte, etwas zu essen, hab ich dann hier Weck un Worscht geordert - zu der sehr ordentlichen Fleischwurst (blass, weil ungepökelt) kam ein bisschen schwerer Majo-Kartoffelsalat. Die Gattin nahm den reichhaltigen Salatteller mit gutem Bulgur, und mit ihrer Schorle und meinem Bier haben wir 20 € bezahlt - das ist ok.
Bei Gelegenheit werden wir hier sicher mal das Sonntags-Brunch-Buffett ausprobieren, und vielleicht schaffen wir's dann auch ins Museum rein (wobei uns die derzeitige Sonderausstellung nicht so recht anlockt - „Aufgrund der Sonderausstellung "Monster" sind zur Zeit die Pferde, Quaggas, Nashörner und Bären nicht ausgestellt.") Das Café ist von der Straße aus ohne Museumseintritt zugänglich.
And now something completely different:
Auch die berühmte Totenmaske Shakespeares (hier eine Kopie), heute in der Darmstädter Landesbibliothek, stammt aus Kesselstadts Sammlung. |
Was für ein Leben! Bis zur französischen Revolution muss er noch in Traditionen und Gewissheiten gelebt haben, die die kommenden Veränderungen noch nicht einmal ahnen ließen. Dann erlebt er das Donnergrollen der französischen Revolution, die Flucht des Erzbischofs Erthal 1792 (der er sich verblüffenderweise nicht anschließt), die Gründung der ersten deutschen Republik von Frankreichs Gnaden, deren Ende, Beschuss, Zerstörung, Besatzung, erneute Eroberung der Stadt bis 1816 schließlich den Anschluss an Hessen-Darmstadt. Von 1801 bis 1813 regierte Ludwig Colmar als „französischer Bischof”. All diese wirklich welterschütternden Ereignisse scheinen sein mittelalterlich verankerte Leben kaum beeinflusst zu haben - ich würde zu gerne in seinen „Kollektaneen”, 19 Bänden von an die 300 Seiten, („Notizen und Zeichnungen, Abschriften und eingeklebte Ausschnitte”) blättern und finden, was ihn bewegt hat.
Einige der Kollaktaneen - „alles, was ihm interessant und merkwürdig erschien". |
Unter der französischen Besatzung haben ihn die Mainzer wiederholt in den Stadtrat gewählt - vergeblich, er nahm das Amt nicht an. Es darf vermutet werden, dass er als Repräsentant der alten Ordnung verstanden wurde. Mit den Segnungen der heiligen Kirche versehen stirbt er, um den herum Europa Rad schlug, im 89. Lebensjahr (!) friedlich in seinem Bett - sein Grab ist nicht erhalten.
Erzbischof Carl Theodor von Dalberg. Portrait eines unbekannten Malers aus Kesselstadts Sammlung der Mainzer Bischofsportraits |
Ach so: Tafelspitz, Grüne-Soße-Kräuter, Bamberger Hörnle, Mangold und zwei kleine Spitzkohl, alles in bester Qualität, haben wir vom Markt mitgenommen (und 10 € - !! - für's Parkhaus am Brand bezahlt).