Am 24. 2. hat die Pfungstädter Stadtverordnetenversammlung zum E-Werk einen Beschluss gefasst, über den das Darmstädter Echo unter der Überschrift „SPD und CDU setzen Teilabriss durch” berichtet.
Gemach, gemach. Wenn ich das Durcheinander mit Anträgen, Änderungsanträgen und Beschlüssen richtig verstehe, heißt es im mit dem Stimmen der beiden Parteien gefassten Beschluss:
„Erweiterung der vorhandenen Freifläche durch Rückbau der Halle unter Beachtung des Status des ehemaligen E-Werks als Industriedenkmal”.
Rückbau. So hätten Sie's gerne. Warten wir ab, was sich die Denkmalbehörde gefallen lassen wird - und was nicht. Meiner Bemerkung:
habe ich nichts hinzuzufügen.Das Gebäude, mit dem die Stadt um 1911 nicht nur die örtliche Wasser- und Elektrizitätsversorgung organisierte, sondern das gleichzeitig auch mittels eines Erdkanals die naheliegende Schule und eines der ersten hessischen Hallenbäder ... mit Wärme versorgte, ist ein Industrie- und stadtgeschichtliches Denkmal allererster Güte.
Dabei ist nicht in erster Linie das kleine Verwaltungshaus schützenswert, das im Typus des Pfungstädter Ziegelsteinbaus der Zeit durchaus ein ansehnliches Gebäude darstellt, und auch nicht nur die immerhin als unbestritten schutzwürdig anerkannte Hallenfassade, sondern ganz besonders die bisher kaum oder gar nicht erwähnten Reste der eigentlichen Industrieanlage: unter dem teils noch mit den originalen Kacheln belegtem Fußboden der Halle verbirgt sich ein Kellerlabyrinth, das Heiz- und Abluftkanäle, die Verbindung zu den gegenüberliegenden Brunnen und den Zugang zum fast völlig erhaltenen Versorgungskanal beherbergt.
Es findet sich auch eine „Stellungnahme des Bürgermeisters”, die offenbar von einer Protokollantin verfasst und um Nachsätze ergänzt wurde. Diese lauten:
„Im Zuge der Diskussion, in der sich abzeichnete, dass der Änderungsantrag der CDU mehrheitsfähig sein würde, bat Bürgermeister Koch darum, die Beschlussempfehlung für den Fall, dass (der - pb) heutige Beschluss (Änderungsantrag CDU zu Ds 40/16) nicht mit dem Denkmalschutz übereinstimmt (, - pb) dahingehend zu erweitern, dass die Verwaltung beauftragt wird (, - pb) den Beschlussvorschlag Ds 29/16 umzusetzen, da die Zeit drängt und man so eine evtl. notwendige weitere Sondersitzung verhindern könnte. Die Anregung des Bürgermeisters wurde im Zuge der Beratung und Beschlussfassung nicht weiter aufgegriffen und von den Stadtverordneten entsprechend offenbar nicht gewünscht.” (Hervorhebung von mir - pb)Pikant, dass hier offenbar Dissenz mindestens über das erforderliche Procedere eingetreten ist - der Bürgermeister hat es verstanden, sich im Voraus für die bevorstehenden Disaster zu entschulden. Den beiden Parteien, die sich in der Absicht des Durchregierens behindert sehen, ist das offenbar wurscht - Konsequenzen werden erst nach der bevorstehenden Kommunalwahl zu Tage treten. Der grüne Stadtverordnete Wolf Edelmann hat laut ECHO im oben verlinkten Artikel dazu gesagt: „Wenn das Geld weg ist, müssen wir das Denkmal aus der eigenen Tasche finanzieren”.
Von Seiten der CDU werden alle Investitionspläne mit der ungeheuerlichen Bemerkung „Das ist mit dem Gemeinwohl nicht zu vereinbaren” kommentiert, womit offenbar gemeint ist, dass Aufwand für den Erhalt der Gebäude dem Wohl der Pfungstädter schaden würde. Das, nachdem die Stadtverordneten die Verantwortung für den verkommenen Zustand der Immobilie tragen und über Jahrzehnte geduldet haben. Tatsächlich haben sie bis heute weder verstanden, welch einen Schatz die Immobilie tatsächlich darstellt, noch, warum es in Pfungstadt so aussieht, wie es in Pfungstadt aussieht.
Ich habe ja im letzen Beitrag schon darauf hingewiesen, dass eine angemessene Erhaltung des Bauwerks durchaus auch die Pläne derjenigen in Frage stellt oder mindestens verkompliziert, die sich dort einen Kunst- und Veranstaltungsort wünschen, und möchte das hier noch einmal betonen: es wird nicht einfach werden, und es werden schmerzhafte Kompromisse gefunden werden müssen. Dafür, dass das nicht vor zehn Jahren geschehen ist, tragen diejenigen Verantwortung, die stattdessen hinter jedem Schwein hergelaufen sind, das durch die Brunnenstrasse getrieben wurde.
* Die Brüder Grimm (die die Pfungstädter Straßenbenenner, die wirklich nichts auslassen, sich
lächerlich zu machen, unglaublicherweise „Gebrüder” nennen) haben die Begriffe so definiert:
gemeinwohl, n. das gemeine beste, staatswohl, nach dem engl. common weal, common-wealth im 18. jh. aufgekommen, anfangs das gemeine wohl (der ältere ausdruck war das gemeine gut, s. gemein 3, b, γ), gemeinwohl bei Campe als neu, belegt aus Voss und Benzel-Sternau.
schindluder, n. ... 4) sehr verbreitet ist die redensart mit einem schindluder spielen oder treiben, ihn zum narren halten, auf rohe weise verspotten. 4, 189. 349. a. a. o. 18c. 93b. a. a. o. a. a. o. a. a. o. mit einem schindluderles spielen a. a. o., treiba, von dingen, schimpflichen miszbrauch davon machen a. a. o. mett sein leiwe schindluder spielen, arg verfahren a. a. o. er trieb nicht schindluder mit eid und gewissen. erz. 3, 250.
Das gemeine Gut auf rohe Weise verspotten. Ach ja.