Im August letzten Jahres habe ich
hier schon einmal von einem Ausflug in einen mir unbekannten Teil Frankfurts berichtet.
Gestern waren wir im Rahmen der
13. Tage der Industriekultur zu einer Besichtigung auf dem immer noch neuen Frankfurter Campus, besonders in und um das IG-Farben-Haus, Hans Poelzigs sensationellen Bau von 1931, der uns nicht ganz so fremd war wie letztes Jahr Höchst.
Einerseits habe ich noch Erinnerungen an das abgeschirmte Gelände als Sitz der US-Militärverwaltung, andererseits war ich sozusagen Zeitzeuge des Übergangs zunächst an den Bund, der Diskussionen über die künftige Verwendung und schließlich der Übergabe an die Frankfurter Universität in den neunziger Jahren. Ich erinnere mich an die unwirkliche Situation der gerade von den Amerikanern verlassenen Räume, die für so viel Vergangenheit standen und deren Zukunft so unklar war. Durch die Verbindung mit der
verbrecherischen Geschichte der IG-Farben trägt das Haus Attribute, die nicht gelöscht werden können und heute auch nicht geleugnet, sondern angemessen gezeigt werden.
Seitdem bin ich immer wieder mal als Spaziergänger, selten auch als Gast einer Veranstaltung, im und um den Poelzig-Bau gewesen. Einige der Fotos hier sind daher auch nicht erst gestern entstanden.
Dr. Astrid Jacobs von „Kultur-Erlebnis” führte (an diesem Tag schon zu zweiten Mal) eine Gruppe von an die vierzig Besucherinnen, die alle das Lebensalter von Studentinnen schon weit überschritten hatten. Die gut gelaunte und hochkompetente Führung hat mir neue Perspektiven eröffnet und (auch im ganz wörtlichen Sinn) Zugänge geschaffen. Dazu gehörte natürlich besonders die Öffnung von nicht jederzeit zugänglichen Räumen wie dem „kleinen Konferenzraum”, der nach der Befreiung Eisenhowers Büro war und in dem hessische, deutsche und europäische Geschichte gemacht wurde.
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Poelzig-Bau Frankfurt, „Kleiner Konferenzraum” |
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Hier wurde die Proklamation „Groß-Hessens” verkündet, der Auftrag zur Abfassung des Grundgesetzes überreicht und die Ablösung der Reichsmark durch die D-Mark verfügt.
Die wunderbare Holztäfelung des Raumes war unter den Amerikanern übrigens unter einer zuletzt 7-fachen Schicht von - DC-Fix-Klebefolie verborgen ... Immerhin hat das sicher nicht unerheblich zur Erhaltung beigetragen, währen anderen Räumen das Squasch-Spielen weniger gut bekommen ist.
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Poelzig-Bau Frankfurt, Bibliothek im ehemaligen großen Konferenzraum |
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Aus dem großem Konferenzraum ist ein Teil der Bibliothek geworden (an der Stirnseite der Tische ist ein grüner Goethe zu erkennen - Überrest von
Otmar Hoerls Installation 2014).
Poelzigs Bau ist eine Architekturikone, was sich nicht nur im grandiosen Äusseren und der fast sensationellen Funktionalität des Gebäudes erweist, sondern eben auch und gerade in zahlreichen Details.
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Poelzig-Bau Frankkfurt, Dachterasse |
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Poelzig-Bau Frankfurt, „Reichsformdrücker No. 16”, von Poelzig entwickelter Türgriff |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Gang im ersten OG |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Haupttreppenhaus, Details des Geländers |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Blick in Haupttreppenhaus |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Paternoster (nur des Wochenendes wegen abgesperrt;
ansonsten aber trotz Berliner Bedrohungen wochentags in ständigem Einsatz) |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Blick durch die Cafeteria auf das Kasino |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Kasino |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Blick von Norden über Fritz Klimsch's „Nymphe am Wasser" |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Blick von Nordost |
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Poelzig-Bau Frankfurt, Kasino, das freigelegte Fresko „Arkadien” von Georg Heck.
Details dazu bei Monumente, dem Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz |
Überraschend gut gelungen ist auch der neue Bauabschnitt des Campus mit
zahlreichen Neubauten, die auf ein Auftrumpfen gegenüber den historischen
Gebäuden erfreulicherweise verzichten.
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Campus Frankfurt, Blick auf das Hörsaalgebäude |
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Campus Frankfurt, Treppenhaus im Hörsaalgebäude |
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Campus Frankfurt, Großer Hörsaal |
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Blick nach Westen von der Terasse des Hörsaalgebäudes mit „House of Finance”
und dem Gebäude der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften |
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Campus Frankfurt, Treppenhaus im Hörsaalgebäude |
Das einzige Graffito auf dem ansonsten fast klinisch sauberen gesamten
Gelände (beeindruckend insbesondere für die, die sich an den alten Campus Bockenheim
erinnern ...), das wir gesehen haben, erinnert zu Recht an den zu
Zwangsarbeit gepressten
Norbert Wollheim, der einen Musterprozeß für seine Entschädigung gegen die IG Farben führte